30. Januar 2024| Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung haben einen Weg gefunden, um aus dem Abfallprodukt der Aluminiumproduktion, dem giftigen Rotschlamm, grünen Stahl zu erzeugen. Diese Entdeckung könnte nicht nur die Umweltbelastung drastisch reduzieren, sondern auch ökonomisch attraktiv sein. Denn der Abfall der Aluminiumproduktion besteht aus bis zu 60 Prozent Eisenoxid.
Jährlich fallen bei der Aluminiumproduktion rund 180 Millionen Tonnen Rotschlamm an, ein stark ätzender Abfall, der Schwermetalle wie Chrom enthält. Dieser Rotschlamm wird oft auf großen Deponien gelagert, wo er Umweltkatastrophen verursachen kann, wie die Ereignisse in China 2012 und Ungarn 2010 zeigen.
„Unser Prozess könnte gleichzeitig das Abfallproblem der Aluminiumproduktion lösen und die CO2-Bilanz der Stahlindustrie verbessern“, sagt Matic Jovičevič-Klug, der als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Eisenforschung maßgeblich an der Arbeit beteiligt war.
Die Max-Planck-Wissenschaftler schmelzen den Rotschlamm in einem Lichtbogenofen und reduzieren das darin enthaltene Eisenoxid gleichzeitig mit einem Plasma, das zehn Prozent Wasserstoff enthält, zu Eisen. Die Umwandlung, im Fachjargon Plasmareduktion genannt, dauert gerade einmal zehn Minuten, wobei sich das flüssige Eisen von den flüssigen Oxiden trennt und anschließend einfach abscheiden lässt. Das Eisen ist so rein, dass es sich direkt zu Stahl weiterverarbeiten lässt.
Ökologische und ökonomische Vorteile
Dieser Prozess ist nicht nur effizient, sondern vermeidet auch die Emission von CO2. Die vier Milliarden Tonnen Rotschlamm, die sich bisher weltweit angesammelt haben, könnten in diesem Verfahren fast 700 Millionen Tonnen CO2-freien Stahl liefern. Dies entspricht etwa einem Drittel der weltweiten jährlichen Stahlproduktion.
Eine Analyse des Max-Planck-Teams zeigt, dass der Prozess ökonomisch lohnenswert ist, selbst wenn nur teilweise regenerative Energiequellen genutzt werden. Der Prozess ist wirtschaftlich tragfähig, wenn der Rotschlamm mindestens 35-50% Eisenoxid enthält. Lichtbogenöfen, die für diesen Prozess benötigt werden, sind in der Metallindustrie bereits weit verbreitet. Somit wäre nur eine geringe Investition notwendig, um die Branche nachhaltiger zu gestalten.
Auch die Schwermetalle im Rotschlamm lassen sich mit dem Verfahren quasi entschärfen.
„Chrom haben wir nach der Reduktion im Eisen nachgewiesen“, sagt Matic Jovičevič-Klug. „Auch andere Schwer- und Edelmetalle gehen wahrscheinlich ins Eisen oder einen separaten Bereich über. Das werden wir in weiteren Studien untersuchen. Wertvolle Metalle könnte man dann abtrennen und weiterverwenden.“
Und Schwermetalle, die in den Metalloxiden zurückbleiben, seine darin fest gebunden und könnten nicht mehr mit Wasser ausgeschwemmt werden, wie dies beim Rotschlamm passieren kann.
Die zurückbleibenden Metalloxide sind nicht mehr ätzend und erstarren beim Abkühlen zu einem glasartigen Material, dass sich etwa in der Bauindustrie als Füllmaterial einsetzen lässt. Andere Forschungsgruppen haben aus Rotschlamm in einem ähnlichen Ansatz mit Koks Eisen erzeugt, wobei stark verunreinigtes Eisen und große Mengen CO2 entstehen. Mit grünem Wasserstoff als Reduktionsmittel werden diese Treibhausgasemissionen vermieden.
„Wenn man aus den vier Milliarden Tonnen Rotschlamm, die bei der weltweiten Aluminiumproduktion bislang angefallen sind, mit grünem Wasserstoff Eisen erzeugen würde, könnte die Stahlindustrie fast 1,5 Milliarden Tonnen CO2 einsparen“, sagt Isnaldi Souza Filho, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Eisenforschung.
Originalpublikation
Matic Jovičević-Klug, Isnaldi R. Souza Filho, Hauke Springer, Christian Adam und Dierk Raabe: Green steel from red mud through climate-neutral hydrogen plasma reduction, Nature, 24. Januar 2024, nature.com/articles/s41586-023-06901-z
(Quelle: MPIE/2024)