Generic filters
Exact matches only
FS Logoi

3D-gedruckte Titanstruktur außergewöhnlicher Stärke

Mit seiner einzigartigen Gitterstruktur übertrifft dieses Titan-Metamaterial herkömmliche Legierungen in Festigkeit und Gewicht und verspricht bahnbrechende Anwendungen in Medizin, Luft- und Raumfahrt.

von | 04.03.24

RMIT-Doktorand Jordan Noronha hält eine Probe der neuen 3D-gedruckten Titan-Gitterstruktur in Würfelform, ©RMIT
©RMIT
Titanstruktur

März 2024 | Ein 3D-gedrucktes Metamaterial mit einem noch nicht dagewesenen Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht könnte die Herstellung von medizinischen Implantaten bis hin zu Flugzeug- oder Raketenteilen verändern. Forscher am Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT) haben das neue Metamaterial aus einer gewöhnlichen Titanlegierung hergestellt.

Die einzigartige, 3D-gedruckte Gitterstruktur des Materials, die kürzlich in der Fachzeitschrift Advanced Materials vorgestellt wurde, macht es jedoch alles andere als gewöhnlich: Tests haben gezeigt, dass es 50 % stärker ist als die nächststärkere Legierung mit ähnlicher Dichte, die in der Luft- und Raumfahrt verwendet wird.

Von der Natur lernen

Gitterstrukturen aus hohlen Streben wurden ursprünglich von der Natur inspiriert: Starke Pflanzen mit hohlen Stängeln wie die Victoria-Seerose oder die widerstandsfähige Orgelpfeifenkoralle (Tubipora musica) haben gezeigt, wie man Leichtigkeit und Stärke miteinander verbindet.

Doch wie RMIT-Professor Ma Qian erklärt, scheiterten jahrzehntelange Versuche, diese hohlen Strukturen in Metallen nachzubilden, an den üblichen Problemen der Herstellbarkeit und an der Konzentration der Belastung im Inneren der hohlen Streben, was zu vorzeitigem Versagen führte.

„Im Idealfall sollte die Spannung in allen komplexen zellularen Materialien gleichmäßig verteilt sein“, erklärt Qian. „Bei den meisten Topologien ist es jedoch üblich, dass weniger als die Hälfte des Materials die Hauptlast des Drucks trägt, während der größere Teil des Materials strukturell unbedeutend ist.“

Der 3D-Druck von Metall bietet beispiellose innovative Lösungen für diese Probleme.

Indem das RMIT-Team die Grenzen des 3D-Drucks auslotete, optimierte es eine neuartige Gitterstruktur, um die Belastung gleichmäßiger zu verteilen und die Festigkeit und strukturelle Effizienz zu erhöhen.

“Wir haben eine hohle, röhrenförmige Gitterstruktur entworfen, in deren Inneren ein dünnes Band verläuft. Die Kombination dieser beiden Elemente weist eine Festigkeit und Leichtigkeit auf, die in der Natur so nicht vorkommt”, sagt Qian. „Indem wir zwei komplementäre Gitterstrukturen effektiv miteinander verbinden, um die Spannung gleichmäßig zu verteilen, vermeiden wir die Schwachstellen, an denen sich die Spannung normalerweise konzentriert.“

Lasergesteuerte Festigkeit

Das Design wurde im RMIT Advanced Manufacturing Precinct mit dem Verfahren Laser Powder Bed Fusion hergestellt. Hierbei werden Schichten von Metallpulver mit einem Hochleistungslaserstrahl aufgeschmolzen.

Tests ergaben, dass die gedruckte Konstruktion – ein Gitterwürfel aus Titan – um 50 % stärker war als die gegossene Magnesiumlegierung WE54, die stärkste Legierung ähnlicher Dichte, die in der Luft- und Raumfahrt verwendet wird. Durch die neue Struktur konnte die Belastung, die sich auf die berüchtigten Schwachstellen des Gitters konzentriert, effektiv halbiert werden.

Drucktest

Links: Der Druckversuch zeigt Spannungskonzentrationen in Rot und Gelb beim hohlen Strebengitter; Rechts: durch die Doppelgitterstruktur werden die Spannung gleichmäßiger verteilt und Hotspots vermieden, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adma.202308715

 

Die doppelte Gitterstruktur bedeutet auch, dass mögliche Risse entlang der Struktur abgelenkt werden, was die Zähigkeit weiter erhöht.

Laut dem Hauptautor der Studie, RMIT-Doktorand Jordan Noronha, könne diese Struktur mit verschiedenen Druckertypen im Maßstab von mehreren Millimetern bis zu mehreren Metern hergestellt werden. Diese Druckbarkeit sowie die Festigkeit, Biokompatibilität, Korrosions- und Hitzebeständigkeit machen das Material zu einem vielversprechenden Kandidaten für zahlreiche Anwendungen, von medizinischen Geräten wie Knochenimplantaten bis hin zu Flugzeug- oder Raketenteilen.

„Verglichen mit der stärksten verfügbaren Magnesiumgusslegierung, die derzeit in kommerziellen Anwendungen eingesetzt wird, bei denen es auf hohe Festigkeit und geringes Gewicht ankommt, hat sich gezeigt, dass unser Titan-Metamaterial bei vergleichbarer Dichte wesentlich fester und weniger anfällig für bleibende Formveränderungen unter Druckbelastung ist – ganz zu schweigen davon, dass es einfacher herzustellen ist“, so Noronha.

Das Team plant, das Material weiter zu verfeinern, um eine maximale Effizienz zu erreichen und Anwendungen in Umgebungen mit höheren Temperaturen zu erforschen.

Derzeit ist das Material bis zu einer Temperatur von 350 °C beständig, könnte aber mit hitzebeständigeren Titanlegierungen für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt oder bei Löschdrohnen Temperaturen von bis zu 600 °C standhalten.

Anwendung im industriellen Maßstab

Da die Technologie zur Herstellung dieses neuen Materials noch nicht allgemein verfügbar ist, könnte es einige Zeit dauern, bis es von der Industrie angenommen wird.

„Herkömmliche Fertigungsverfahren sind für die Herstellung dieser komplizierten Metall-Metamaterialien nicht praktikabel, und nicht jeder hat eine Laser-Pulverbett-Schmelzanlage im Lager“, so Noronha. „Mit der Weiterentwicklung der Technologie wird diese jedoch zugänglicher und der Druckprozess viel schneller werden, sodass ein größerer Personenkreis unsere hochfesten Multitopologie-Metamaterialien in seine Komponenten einbauen kann. Wichtig ist, dass der 3D-Metalldruck eine einfache Herstellung von Netzformen für reale Anwendungen ermöglicht.“

Professor Martin Leary, Professor Ma Qian, Jordan Noronha und Professor Milan Brandt im Additive Manufacturing Centre des RMIT

Professor Martin Leary, Professor Ma Qian, Jordan Noronha und Professor Milan Brandt im Additive Manufacturing Centre des RMIT, ©RMTI

 

Der technische Leiter des RMIT Advanced Manufacturing Precinct, Distinguished Professor Milan Brandt, sagte, das Team heiße Unternehmen willkommen, die an den zahlreichen potenziellen Anwendungen mitarbeiten möchten.

Mehr Informationen

Die Studie wurde offen zugänglich in der Zeitschrift Advanced Materials veröffentlicht.

Jordan Noronha et al, Titanium Multi‐Topology Metamaterials with Exceptional Strength, Advanced Materials (2023). DOI: 10.1002/adma.202308715

 

(Quelle: RMIT/2024)

Jetzt Newsletter abonnieren

Die ganze Welt der Metallurgie, immer in Ihrem Postfach.

Hier anmelden

Sammelband Hybrid Heating
Sammelband Hybrid Heating

Dieser Sammelband bündelt Fachartikel, Interviews und weitere Beiträge aus Industrie und Forschung, die sich mit dem Trendthema „Hybrid Heating“ befassen.

mehr lesen
Hyvolution Paris 2025
Hyvolution Paris 2025

The world’s leading hydrogen event will return to Paris from 28 to 30 January 2025. Launched in 2016, Hyvolution is undoubtedly the leading international event in the sector. Now in its 8th edition, this pioneering trade show is expected to attract more than 600 exhibitors and brands. For the third consecutive year, Hyvolution will be under the high patronage of Mr Emmanuel Macron, President of the French Republic. The renewed confidence of the French authorities is testimony to this international event, which brings together all the players in the decarbonised hydrogen ecosystem, from production to applications, including related services in the three key markets: mobility, energy and industry.

mehr lesen

Fachinformationen für Sie

Prozesswärme – 07 2019

Prozesswärme – 07 2019

Themenbereich: Thermoprozesstechnik

...

Zum Produkt

Geringere Emissionen und höhere Energieeffizienz: Additive Fertigung in der Brennertechnik

Geringere Emissionen und höhere Energieeffizienz: Additive Fertigung in der Brennertechnik

Autor: Jens te Kaat, Erik Feldbaum, Philipp Gabriel, Christian Köhler
Themenbereich: Thermoprozesstechnik

Durch den 3D-Druck wird es möglich, Bauteile mit mehreren hundert Gasdüsen zu produzieren, mit deren Hilfe eine exakte Dosierung von Gas möglich wird. Durch den dadurch effizienteren Brennvorgang wird Erdgas eingespart und die Bildung von ...

Zum Produkt

Einsatz von 3D-gedruckten Induktoren aus Kupfer in der induktiven Wärmebehandlung

Einsatz von 3D-gedruckten Induktoren aus Kupfer in der induktiven Wärmebehandlung

Autor: Alexander Ulferts, Frank Andrä, Dirk Zimmermann
Themenbereich: Thermoprozesstechnik

Moderne 3D-Druck-Fertigungstechnologien erfahren aktuell einen ungebrochenen Hype. Der sich seit einigen Jahren ausprägende Trend des 3D-Kunststoffdrucks setzt sich im Bereich der Metalle fort und immer mehr Werkzeuge und Komponenten werden im ...

Zum Produkt