Mai 2024 | Die Franken Guss GmbH & Co. KG hat damit begonnen, sich mithilfe eines Schutzschirmverfahrens neu aufzustellen. Damit kann das Unternehmen in Eigenregie die Restrukturierung vorantreiben, die nach mehreren aufeinanderfolgenden Krisen in den vergangenen Jahren notwendig geworden war.
Mit dem Schutzschirmverfahren unternimmt die Franken Guss GmbH & Co. KG einen Schritt in Richtung einer langfristig positiven Unternehmensentwicklung. Dazu wird die Franken Guss GmbH & Co. KG in den kommenden drei Monaten in enger Abstimmung mit Stakeholdern und Beratern einen Restrukturierungsplan erarbeiten. Dieser wird die konkreten Maßnahmen zur Neuausrichtung des Geschäfts enthalten.
Der Geschäftsbetrieb der Franken Guss GmbH & Co. KG läuft während des gesamten Restrukturierungsprozesses in vollem Umfang weiter. Alle Dienstleistungen werden unverändert erbracht. Es ist geplant, die Sanierung innerhalb weniger Monate nachhaltig abzuschließen.
Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren
Der Schutzschirm ist ein bewährtes Restrukturierungsinstrument des deutschen Sanierungsrechts. Bei einem Schutzschirmverfahren bleibt die unternehmerische Verantwortung in den Händen der Geschäftsführung (Eigenverwaltung). Dies ist nur in den Fällen möglich, in denen das Unternehmen frühzeitig selbst aktiv wird und ausreichend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. Im Vorfeld der Antragstellung werden die geplanten Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft. Dieser externe Wirtschaftsprüfer hat dem Gericht bescheinigt, dass keine Sanierungshindernisse bestehen.
„Franken Guss wird die Chance des Sanierungsverfahrens nutzen, um seine Marktposition zu stärken“, erklärt Dr. Sebastian Braun (Partner bei RKGB Rechtsanwälte und anerkannter Experte im Insolvenzrecht).
Sicherstellung der Gläubigerinteressen
Begleitet wird das Unternehmen vom Team der AMBG (Adiutor Management- und Beratungsgesellschaft mbH), die ebenfalls auf Sanierungs- und Restrukturierungsverfahren spezialisiert ist.
Im Schutzschirmverfahren wird ein Sachwalter bestellt. Dieser überwacht die Sanierung im Interesse der Gläubiger. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Rüdiger Weiß von der Sanierungskanzlei WallnerWeiß bestellt.
Marktbedingungen erforderten Krisenmanagement bei Franken Guss
In den vergangenen Krisenjahren war es nicht gelungen, alle Kostensteigerungen jenseits von Material und Energie in der richtigen Höhe und ohne nennenswerte Zeitverzögerung durchzusetzen und damit eine annähernd ausreichende Kostendeckung des Unternehmens über die Preise zu erreichen. Kurzfristig notwendige Bewertungskorrekturen haben das Vertrauen der Finanzmärkte in das Unternehmen untergraben und die Krise dynamisiert.
Erschwerend kam hinzu, dass der Markt für Elektromobilität mit dem Wegfall der Kaufprämien um ca. 35 % eingebrochen ist und eine Erholung nicht absehbar ist. Gerade für diesen Markt hat Franken Guss in den letzten Jahren viel Geld in Gießerei und Bearbeitung investiert.
Im Schutzschirmverfahren sollen diese Probleme nachhaltig gelöst und die operativen Geschäftsgrundlagen durch die zeitnahe Umsetzung aller notwendigen finanziellen und leistungswirtschaftlichen Veränderungen wiederhergestellt werden.
Sachsen Guss ebenfalls betroffen
Die Sachsen Guss GmbH, eine über ein Jahrhundert alte Traditionsgießerei in Chemnitz, steht ebenfalls vor großen Herausforderungen. Die Sachsen Guss GmbH wurde 1898 gegründet und bietet hauptsächlich Eigengussformen für Maschinen an. Das Unternehmen wurde im Jahr 2013 zu einem Teil der Franken-Guss-Gruppe.
In den letzten Monaten hat die Sachsen Guss GmbH einen erheblichen Auftragsrückgang erlebt, insbesondere im Bereich der Windkraftanlagen. Hohe Kosten und ein stagnierender Markt für Neubauten von Windkraftanlagen haben zu zahlreichen Stornierungen geführt. Trotz dieser Rückschläge läuft die Produktion der Gießerei weiter.
Die Firma, die derzeit über 800 Mitarbeiter beschäftigt, ist das neueste Großunternehmen der Region, das in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, was die Wirtschaftslage in Chemnitz weiter belastet.
Hintergrund
Franken Guss blickt auf eine über 100-jährige Gießereigeschichte zurück und hat sich als Gießerei- und Bearbeitungsspezialist insbesondere im Bereich Automotive (PKW/Nutzfahrzeuge) etabliert. Hier werden hochkomplexe Bauteile aus Eisen- und Aluminiumguss insbesondere für Antrieb und Motor sowie Fahrwerk und Lenkung von PKW und Nutzfahrzeugen hergestellt. Darüber hinaus werden Prototypen und Kleinserien aus Aluminium in additiver Fertigung mittels Selective Laser Melting (SLS) hergestellt. Auf einer Produktionsfläche von rund 54.000 Quadratmetern können jährlich bis zu 80.000 Tonnen Eisen und 4.500 Tonnen Aluminium verarbeitet werden.
Die IG Metall startete eine Unterschriftenkampagne, um die Politik auf die missliche Lage der fränkischen Traditionsgießerei aufmerksam zu machen und somit den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, wie inFranken.de berichtet:
„Die Zukunft der über 100 Jahre alten Gießerei steht auf dem Spiel und damit auch die Arbeitsplätze von 650 Familien in der Region“, teilt die IG Metall Würzburg am 2. Mai 2024 mit. Mit einer Unterschriftenkampagne will die Gewerkschaft deshalb nun „die politisch Verantwortlichen dazu aufrufen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.“
Über WallnerWeiß
Die WallnerWeiß Unternehmensgruppe, bestehend aus wwp Rechtsanwälte Partnerschaft mbB und den Gesellschaften für Unternehmenssanierung und Insolvenzverwaltung, ist ein bundesweit an 20 Standorten vertretener Kanzleiverbund, der sich ausschließlich auf die Sanierung von Unternehmen spezialisiert hat. Die Insolvenzverwalter der Kanzlei werden bei über 78 Insolvenzgerichten bestellt und haben in über 1.000 Verfahren sowie zahlreichen Eigenverwaltungen ihr Sanierungspotenzial unter Beweis gestellt.