April 2024 | Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen nimmt bei der Laser-Emissionsspektroskopie (LIBS) eine führende Rolle ein und erweitert die Einsatzmöglichkeiten kontinuierlich.
Die Recyclingbranche setzt zunehmend auf Lasertechnik, um wiederverwendbare Rohstoffe in Abfallströmen zu identifizieren. Denn ein grundlegendes Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, wertvolle Rohstoffe – wenn irgend möglich – ohne Downcycling wiederzuwenden. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist die sortenreine Trennung. Doch exakt hier gibt es in vielen Fällen noch technologische Lücken.
So gilt Deutschland zwar beispielsweise beim Umsetzen der EG-Altfahrzeug-Richtlinie als vorbildlich und hält die vorgegebene Recyclingquote für Altfahrzeuge von 95 Prozent ein; im aktuellen Berichtsjahr (2021) lag sie bei 97,5 Prozent. Allerdings beinhaltet diese Quote neben dem stofflichen auch das energetische Recycling – also das Verbrennen von Materialien, die nicht recyclingfähig sind oder bei denen sich die Rückgewinnungsprozesse bis hin zur Wiederverwendung nicht rechnen. Energetisch verwertet dienen sie zumindest noch der Strom- und Wärmeerzeugung.
Von jenen 97,5 Prozent der verwerteten Altfahrzeugmasse konnten nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) zuletzt 86,6 Prozent stofflich verwertet werden. Doch auch hier gibt es Verbesserungsbedarf. So bemängelt das UBA, dass das stoffliche Recycling allzu oft zum Downcycling führt: Zurückgewonnene Sekundärmaterialien kommen in Anwendungen zum Einsatz, die nicht ihrem ursprünglichen Wert entsprechen. So wird hochwertiger Autostahl aus Autos oft als Baustahl wiederverwendet. Wertvolles Autoglas endet aufgrund schwer abtrennbarer Beschichtungen oft als Dämmmaterial oder Füllmaterial für Deponien. Bei nichtmetallischen Materialien ist das werterhaltende Recycling eher die Ausnahme: lediglich 13,5 Prozent der Kunststoffe und 8,3 Prozent des Glases werden laut UBA überhaupt stofflich verwertet.
Lasertechnik hilft, die Stoffkreisläufe zu schließen
Das Fraunhofer ILT hält eine Lösung bereit, die das Recycling erheblich verbessern und das Downcycling durch differenzierte Analysen der in Abfallströmen enthaltenen Wertstoffe minimieren kann: Die Laser-Induced Breakdown Spectroscopy (LIBS, deutsch Laser-Emissionsspektroskopie) gehört zu den Schlüsseltechnologien für eine auf tatsächlichen Stoffkreisläufen basierenden Wirtschaft, denn siee erlaubt eine differenzierte sortenreine Trennung.
Das berührungslose Verfahren lässt sich auf alle Materialien anwenden, egal ob es sich um Feststoffe, Flüssigkeiten oder Gase handelt.
Die Arbeitsgruppe Materialanalytik um Dr. Cord Fricke-Begemann treibt am Fraunhofer ILT die Entwicklung von Inline-Verfahren auf Basis der LIBS-Technologie voran, um den Weg zu einer sortenreinen Rückgewinnung von Metallen aus Müll- und Schrottbergen zu ebnen.
“Anhand einer scanner-basierten Auswahl an Messpunkten und rund 100 LIBS-Messungen pro Sekunde können wir sehr schnell zweidimensionale Darstellungen der Elementverteilung erstellen. Auf Basis dieser ortsaufgelösten Analysen gelingt es uns, Technologiemetalle in Elektroschrott aufzuspüren und so beispielsweise wertvolles Tantal aus Kondensatoren in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen”, erklärt Fricke-Begemann.
KI und LIBS als Wegbereiter einer echten Kreislaufwirtschaft
Die gezielte Kombination von Lasertechnik mit digitalen Technologien wie Digitalen Zwillingen oder Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning eröffnet der Recyclingbranche neue Möglichkeiten.
“Insbesondere der Einsatz von KI ist aufgrund der Vielfalt an Materialien, der aufkommenden Datenmengen und der Geschwindigkeit, in der die Klassifizierung der Materialien im laufenden Prozess erfolgen muss, vielversprechend”, sagt Fricke-Begemann.
Zumal absehbar sei, dass die Aufgabenstellungen der Branche mit der fortschreitenden Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft immer komplexer werden. Um nicht nur in vorsortierten Industrieabfällen, sondern perspektivisch auch im Hausmüll Wertstoffe für die Wiederverwertung aufzuspüren und zu sichern, könnte sich die Kombination von LIBS und KI-Werkzeugen als echter Game-Changer erweisen. Dies auch, weil entsprechend trainierte KI-Algorithmen in der Lage sind, Datenströme mehrerer parallel arbeitender optischer Sensoren zu verarbeiten. Das würde das Tor zu einer hohen Sortiergenauigkeit bei höchsten Prozessgeschwindigkeiten aufstoßen.
Die Fachleute in Aachen nutzen die Kombination der Lasertechnik mit 3D-Sensorik, um die exakte Position und Orientierung wertstoffhaltiger Materialien im Raum zu bestimmen. “So wissen wir genau, wohin wir den Laserstrahl lenken müssen, um die Materialbestimmung durchzuführen”, erläutert der Fraunhofer ILT-Experte. Innerhalb von Sekundenbruchteilen liegen dann detaillierte Informationen zur Lage, Qualität und zur exakten chemischen Zusammensetzung der jeweiligen Abfälle vor. Durch begleitende Regulatorik wie den digitalen Produktpass steigt künftig die Transparenz über die entlang der oft globalen Lieferketten eingesetzten Materialien zusätzlich.
Die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft bleibt dennoch eine Herkulesaufgabe.
“Wir werden 2030 in der Lage sein, sehr viel mehr Substanzen zu erfassen”, so Fricke-Begemann. Doch ob es bis dahin gelingen wird, wertvolle Rohstoffe aus Altfahrzeugen, Elektroschrott und anderem Abfallströmen tatsächlich komplett zu recyceln und die entsprechenden Stoffkreisläufe zu schließen, sei fraglich. Doch LIBS weise in die richtige Richtung und könnte sich als Enabler echter Kreislaufprozesse ohne Downcycling erweisen.
Mehr Informationen: ilt.fraunhofer.de