Am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission ihre Pläne zum Clean Industrial Deal veröffentlicht. Dazu Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl:
„Es war längst überfällig, dass die EU-Kommission die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärker berücksichtigt; insbesondere mit Blick auf die angestrebte Klimaneutralität Europas. Die Stahlindustrie hat sich konsequent auf den Weg zur wettbewerbsfähigen Klimaneutralität gemacht. Ohne uns lässt sich dieses Ziel nicht erreichen, insbesondere wenn Europa wirtschaftlich stark bleiben und seine strategische Autonomie sichern will!
Doch die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren massiv verschärft. Mit enorm ansteigenden unfairen Billigimporten aus Fernost bei gleichzeitig schwacher Nachfrage, dramatisch gestiegenen Energiekosten und einem zunehmend härteren geoökonomischen Wettbewerb hat unsere Branche stark zu kämpfen. Unter den geplanten Zollmaßnahmen der Trump-2.0-Administration wird sich die Lage zudem weiter verschärfen. Um gegenzusteuern ist daher auf europäischer Ebene zeitnahes und geeintes politisches Handeln erforderlich. Wir hoffen, dass auf dem Strategischen Dialog, zu dem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Stahlindustrie zum 4. März eingeladen hat, nun konkrete Maßnahmen formuliert werden.”
Der Clean Industrial Deal ist dafür aus Sicht der Wirtschaftsvereinigung Stahl eine wichtige Grundlage. Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl erläutert: „Mit der angekündigten Verbesserung beim Handelsschutz, dem Aktionsplan für bezahlbare Energie und den geplanten Initiativen zur Einführung von Leitmärkten für emissionsarme Grundstoffe inklusive European-Content-Kriterien werden die richtigen Handlungsfelder adressiert.“ Allerdings seien weitere Konkretisierungen erforderlich. Hier komme der angekündigte Steel and Metals Action Plan ins Spiel. „Es braucht dringend eine Verschärfung der laufenden Safeguards und eine effektive, nachhaltige Nachfolgelösung für die Zeit ab Mitte 2026. Nur damit kann ein wirksamer Schutz vor den Auswirkungen globaler Umlenkungen von Überkapazitäten im Stahlbereich gewährt werden.“
Der Aktionsplan für bezahlbare Energien sei indes enttäuschend. „Hier hatten wir neben der Reduzierung von Energiesteuern und Netzentgelten auch die Grundlagen für einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis erwartet. Umso wichtiger ist jetzt, dass die neue Bundesregierung das Thema wettbewerbsfähige Energiepreise ganz oben auf ihrer nationalen Agenda und ganz vorne in ihrem Zeitplan hält“, so Rippel.
Auch die Passagen zur Überarbeitung des CO2-Grenzausgleichs bleiben hinter den Erwartungen der Stahlindustrie zurück: „Hier brauchen wir mehr Tempo. Denn mit diesem Instrument sollen Wettbewerbsnachteile ausgeglichen werden, die regionale Produzenten durch den europäischen Emissionshandel im Vergleich zu internationalen Anbietern, die keine vergleichbaren CO2-Zertifikatskosten schultern müssen, haben.“ Hier seien noch gravierende Konstruktionsfehler zu beheben – wie in den Regelungen zur Berücksichtigung von Exporten, die Einbeziehung nachgelagerter Produkte und die Verhinderung von Umgehungsstrategien.
„Der Clean Industrial Deal geht in die richtige Richtung. Aber ohne Nachbesserungen und klar abgeleitete Maßnahmenpläne droht Europa den Anschluss zu verlieren. Ad hoc ist eine sofortige Verschärfung der bestehenden Safeguards erforderlich, und noch in diesem Jahr muss die CBAM-Ausgestaltung verbessert werden. Auch ein Leit- oder Pioniermarkt-Konzept für emissionsarme Grundstoffe muss zeitnah etabliert werden – sonst ziehen andere Regionen an uns vorbei“, warnt die Hauptgeschäftsführerin.
Eine wesentliche Stellschraube für die Ausgestaltung von Clean Lead Markets hat die Wirtschaftsvereinigung Stahl mit dem Low Emission Steel Standard (LESS) bereits 2024 vorgelegt und zu den Anforderungen an Leitmärkte für emissionsarme Grundstoffe jüngst ein Positionspapier veröffentlicht.
(Quelle: Wirtschaftsvereinigung Stahl)
Update: EU startet Strategischen Dialog zur Zukunft der Stahlindustrie
Präsidentin Ursula von der Leyen hat am 4. März 2025 den Strategischen Dialog über die Zukunft des europäischen Stahlsektors eingeleitet. Mit führenden Industrievertretern, Sozialpartnern und anderen Interessenträgern diskutierte sie die kritischen Herausforderungen der Branche, darunter die Dekarbonisierung, steigende Energiepreise und unlauteren globalen Wettbewerb.
Die Europäische Kommission setzt mit ihrem Deal für eine saubere Industrie bereits auf Maßnahmen zur Unterstützung energieintensiver Industrien. Über 100 Mrd. EUR stehen für Investitionen in eine umweltfreundliche Fertigung bereit. Ziel ist es, CO₂-armen Stahl wirtschaftlich tragfähig zu machen und langfristige Maßnahmen für fairen Handel zu erarbeiten.
Die Ergebnisse des Dialogs fließen in einen Aktionsplan für Stahl und Metalle ein, den die EU-Kommission am 19. März vorlegen wird. Dieser soll konkrete Schritte für die Zukunft der Branche definieren und eine nachhaltige Strategie nach dem Auslaufen der handelspolitischen Schutzmaßnahmen 2026 bieten.