Mai 2024 | Boston Metal, ein Spin-off des Massachusetts Institute of Technology (MIT), arbeitet an der Kommerzialisierung der Schmelzflusselektrolyse (Molten Oxide Electrolysis, MOE) zur Herstellung von grünem Stahl.
Das von Boston Metal angewandte Verfahren der Stahlherstellung zielt darauf ab, mehrere herkömmliche Produktionsschritte zu umgehen und als einziges Nebenprodukt Sauerstoff freizusetzen. Boston Metal wurde von MIT-Professor Emeritus Donald Sadoway, Professor Antoine Allanore und James Yurko, PhD, als Start-up ins Leben gerufen. Sadoway forscht seit den 1980er Jahren über den elektrochemischen Prozess, mit dem Aluminium hergestellt wird. Das MOE-Verfahren beschrieb das Team erstmals im Jahr 2013 in Nature.
Das Unternehmen nutzt bereits MOE, um hochwertige Metalle aus Bergbauabfällen in seiner brasilianischen Tochtergesellschaft Boston Metal do Brasil zu gewinnen. Diese Arbeit hilft dem Team von Boston Metal, seine Technologie im kommerziellen Maßstab einzusetzen und wichtige Partnerschaften mit Bergbaubetreibern aufzubauen. Es hat auch einen Prototyp eines MOE-Reaktors gebaut, um grünen Stahl in seinem Hauptsitz in Woburn, Massachusetts, zu produzieren.
Das Verfahren stehe kurz davor, im größeren Maßstab angewendet zu werden und könnte bis 2026 für den kommerziellen Einsatz bereit sein. Die brasilianische Anlage, die bereits vollständig mit erneuerbarer Energie läuft, biete einen Einblick in die Vorteile der MOE.
Über die Schmelzflusselektrolyse
Der Schmelzflusselektrolyseprozess (Molten Oxide Electrolysis, MOE) wird in modularen MOE-Zellen durchgeführt, die jeweils die Größe eines Schulbusses haben. Jede dieser Zellen enthält eine Kathode und eine in einen flüssigen Elektrolyten eingetauchte, inerte Anode. In die Zelle wird Eisenerzgestein eingespeist. Sobald elektrischer Strom zwischen Anode und Kathode fließt und die Zelle eine Temperatur von etwa 1.600 Grad Celsius erreicht, werden die Eisenoxidbindungen im Erz gespalten. Bei dieser Temperatur schmelzen die Inhaltsstoffe zu einer Oxid-Suppe. Am Boden der Zelle entsteht reines, flüssiges Metall, das abgezapft werden kann, gleichzeitig wird als Nebenprodukt der Reaktion Sauerstoff freigesetzt.
Ein signifikanter Vorteil dieses Verfahrens ist die Möglichkeit, minderwertige Eisenerze zu nutzen. Dies steigert die Ressourceneffizienz, da auch Erze, die für traditionelle Stahlherstellungsverfahren als ungeeignet gelten, verarbeitet werden können. Zudem ist der Prozess frei von Wasser, gefährlichen Chemikalien oder Edelmetallkatalysatoren, was ihn zu einer umweltfreundlicheren Alternative in der Metallproduktion macht.
Die Herausforderungen bei der Skalierung der Technologie sind jedoch nicht unerheblich. Die Stabilität der verwendeten inerten Anode, die nur als Stromleiter und nicht als Reaktionspartner dient, spielt eine entscheidende Rolle für den erfolgreichen Betrieb des Reaktors. Die Anode neigt dazu, sich zu zersetzen, wenn die Bedingungen innerhalb der Zelle — wie Stromverteilung und Chemie des Elektrolyts — nicht optimal sind.
Boston Metal plant, diese Technologie global einzuführen, um die Stahlproduktion weltweit umweltfreundlicher zu gestalten. Ein Schlüsselelement dabei ist die Nutzung von grünem Strom, was die Bemühungen zur Dekarbonisierung des Energiesektors unterstützt.
„Stahl ist für etwa 10 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich“, erklärt Guillaume Lambotte, Chief Scientist bei Boston Metal. „Es gibt weltweit ein starkes Bestreben nach Reduktion der Kohlenstoffemissionen. Die Menschen sind bereit für neue Ansätze.“