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Neuartige Metall-Legierung trotzt Extrembedingungen

Den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu senken – dazu könnte künftig ein neues Material in Flugzeugantrieben und Gasturbinen beitragen. Ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat eine Refraktärmetall-Legierung mit bislang unerreichten Eigenschaften entwickelt. Die neuartige Kombination aus Chrom, Molybdän und Silizium ist bei Raumtemperatur verformbar, bleibt mit einer Schmelztemperatur um 2 000 Grad Celsius auch bei großer Hitze stabil und ist dabei gleichzeitig oxidationsbeständig.

von | 16.10.25

Legierungsherstellung mittels Lichtbogenschmelzen im Materialsyntheselabor des Instituts für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde. (Quelle: Chiara Bellamoli, KIT)
Legierungsherstellung mittels Lichtbogenschmelzen im Materialsyntheselabor des Instituts für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde. (Quelle: Chiara Bellamoli, KIT)

Hochtemperaturbeständige metallische Werkstoffe werden in Flugzeugtriebwerken, Gasturbinen, Röntgengeräten und vielen weiteren technischen Anwendungen benötigt. Am robustesten gegenüber hohen Temperaturen sind Refraktärmetalle, also Metalle wie Wolfram, Molybdän und Chrom, die erst ab ungefähr 2 000 Grad Celsius schmelzen.

Ihre praktische Anwendung stößt jedoch an Grenzen: Sie sind bei Raumtemperatur spröde und beginnen bei Sauerstoffkontakt schon ab 600 bis 700 Grad Celsius so stark zu oxidieren, dass sie binnen kürzester Zeit komplett versagen. Deshalb lassen sie sich – beispielsweise in Form von Röntgendrehanoden in der Medizintechnik – nur unter technisch aufwendigen Vakuumbedingungen einsetzen.

Aufgrund solcher Herausforderungen werden seit Jahrzehnten Superlegierungen auf der Basis von Nickel für Bauteile eingesetzt, die bei hohen Temperaturen in Kontakt mit Luft oder Verbrennungsgasen kommen. Diese sind beispielsweise der Standardwerkstoff in Gasturbinen.

„Die vorhandenen Superlegierungen kombinieren verschiedene metallische Elemente, um mehrere Eigenschaften zu vereinen. Sie sind bei Raumtemperatur verformbar, bei hohen Temperaturen fest und oxidationsbeständig“, erklärt Professor Martin Heilmaier vom Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde des KIT. „Allerdings – und hier liegt der Haken – nur bei Betriebstemperaturen, also in einem Bereich, in dem sie sicher eingesetzt werden können, bis maximal 1 100 Grad Celsius. Das ist zu wenig, um das volle Potenzial für mehr Effizienz in Turbinen oder anderen Hochtemperaturanwendungen auszuschöpfen. Denn in Verbrennungsprozessen steigt der Wirkungsgrad mit der Temperatur.”

Chance für Technologiesprung

Bei dieser Beschränkung der heute verfügbaren Werkstoffe setzte Heilmaiers Arbeitsgruppe an. Innerhalb des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkollegs „Materials Compounds from Composite Materials for Applications in Extreme Conditions“ (MatCom-ComMat) gelang es den Forschenden, eine neue Legierung aus Chrom, Molybdän und Silizium zu entwickeln. Diese Refraktärmetall-Legierung, an deren Entdeckung am KIT auch Dr. Alexander Kauffmann, inzwischen Professor an der Ruhr-Universität Bochum, maßgeblich beteiligt war, bietet bisher unerreichte Eigenschaften.

„Sie ist bei Raumtemperatur verformbar, schmilzt erst bei etwa 2 000 Grad Celsius und oxidiert – im Gegensatz zu bislang bekannten Refraktärlegierungen – selbst im kritischen Temperaturbereich nur langsam. Dadurch macht diese Legierung Bauteile für Einsatztemperaturen deutlich höher als 1 100 Grad Celsius denkbar. Das Forschungsergebnis hat damit Potenzial für einen echten Technologiesprung“, sagt Kauffmann – auch, wenn trotz großer Fortschritte im Bereich der computergestützten Materialentwicklung die Oxidationsbeständigkeit und Verformbarkeit derzeit noch nicht in ausreichendem Maße für ein konkretes Design neuer Werkstoffe vorhergesagt werden könnten.

Mehr Effizienz, weniger Verbrauch

„In einer Turbine kann schon ein Temperaturplus von 100 Grad Celsius den Brennstoffverbrauch um rund fünf Prozent senken“, verdeutlicht Heilmaier. Das ist besonders für die Luftfahrt relevant, weil elektrisch angetriebene Flugzeuge auch in den kommenden Jahrzehnten kaum für Langstrecken geeignet sein werden und es darauf ankommen wird, den Treibstoffverbrauch deutlich zu senken. Auch stationäre Gasturbinen in Kraftwerken könnten dank robusterer Werkstoffe mit geringerem CO₂-Ausstoß betrieben werden.

 

„Um die Legierung in der Industrie einzusetzen, sind noch viele Entwicklungsschritte notwendig“, erklärt Heilmaier. „Wir haben aber mit unserer Entdeckung in der Grundlagenforschung einen wichtigen Meilenstein erreicht. Darauf können nun Forschungsgruppen weltweit aufbauen.“

Originalpublikation

Frauke Hinrichs, Georg Winkens, Lena Katharina Kramer, Gabriely Falcão, Ewa M. Hahn, Daniel Schliephake, Michael Konrad Eusterholz, Sandipan Sen, Mathias Christian Galetz, Haruyuki Inui, Alexander Kauffmann, Martin Heilmaier: A ductile chromium–molybdenum alloy resistant to high-temperature oxidation. Nature, 2025. DOI: 10.1038/s41586-025-09516-8

(Quelle: KIT)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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