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Künstliche Intelligenz: Für mehr Produktivität braucht es die richtigen Rahmenbedingungen

Künstlicher Intelligenz (KI) wird ein hohes Potenzial für ökonomische und gesellschaftliche Disruption zugeschrieben. Auch im Bereich der Produktivitätsentwicklung sind die Erwartungen groß. KI kann bereits heute Arbeitsprozesse massiv vereinfachen und beschleunigen. Daher lohnt es sich – abseits von utopischen bzw. dystopischen Zukunftsvisionen –, auf Basis aktueller Studien einen Blick auf konkret zu erwartende Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung zu werfen.

von | 16.06.25

(Quelle: Adobe Stock)
(Quelle: Adobe Stock)

Aktuelle Studien untersuchen die direkten gesamtwirtschaftlichen Effekte von Künstlicher Intelligenz auf die Produktivität. Direkte Effekte ergeben sich aus dem Wegfall oder der Vereinfachung, Beschleunigung oder Erweiterung von Arbeitsprozessen in Unternehmen und Wertschöpfungsnetzwerken.1 Neben den direkten Effekten gibt es indirekte Produktivitätseffekte der KI, welche aber nur schwer zu quantifizieren und daher nicht Teil der Schätzungen sind.

Dabei geht es insbesondere um Innovationen bzw. den Bereich Forschung und Entwicklung (F&E), wie z. B. die Entdeckung neuer Materialien. Künstliche Intelligenz könnte darüber hinaus auch zur verbesserten Verbreitung von F&E-Ergebnissen in der Volkswirtschaft beitragen und sich selbst durch KI verbessern.

Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen nimmt deutlich zu

In der jüngeren Vergangenheit hat die Nutzung von KI in Deutschland deutlich zugenommen. Laut Veröffentlichungen des ifo Instituts (2024) verwenden 27% (2023: 12%) der Unternehmen in Deutschland im Jahr 2024 mindestens eine KI-Technologie, 17,5% planen den Einsatz und weitere 34% diskutieren ihn. Bisher scheinen aber vor allem große Unternehmen KI zu nutzen. Die Anwendung ist besonders im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien und Dienstleistungen sowie der Unternehmensdienstleistungsbranche verbreitet. Im internationalen Vergleich zeigen die USA weiterhin das mit Abstand größte Investitionsvolumen und die größte Investitionsdynamik bei KI (AI Index Report 2024). Auf Platz zwei findet sich beim kumulierten Investitionsvolumen (2013– 2023) China; Europa (EU und UK) landet auf dem dritten Platz.

Direkte Produktivitätseffekte entsprechen früheren Technologietransformationen

Die Effekte der KI auf die Produktivitätsentwicklung können entweder für die Arbeitsproduktivität (Output auf Basis des Arbeitseinsatzes) oder für die sogenannte Totale Faktorproduktivität (Output auf Basis der gesamtwirtschaftlichen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital) analysiert werden.

Aktuelle Studien ermitteln eine große Spannweite für die zu erwartenden jährlichen Beiträge von KI zur Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität von 0,1-1,7 Prozentpunkten, der Durchschnitt (ohne McKinsey) liegt bei ca. 0,8 Prozentpunkten. Der Durchschnitt (ohne McKinsey) der Schätzungen für die Totale Faktorproduktivität (TFP) von 0,5 Prozentpunkten liegt nahe, aber unter den historischen Effekten der IKT– Revolution (0,8 %) oder der Elektrifizierung (1,3 %). Für Deutschland könnte dieses dennoch einer Verdopplung der durchschnittlichen Produktivitätswachstumsrate der letzten zehn Jahre entsprechen.

Die große Spannweite der Ergebnisse kann auf unterschiedliche methodische Ansätze und verschieden stark ausgeprägte Annahmen zurückgeführt werden3. So weisen Studien, die auf der Aggregation von Effekten einzelner Berufe bzw. Tätigkeiten basieren (sog. Hulten-Theorem), grundsätzlich höhere Effekte auf als gesamtwirtschaftliche Modellsimulationen. Schätzungen von Unternehmensberatungen liegen zudem allesamt im oberen Feld. Gesamtwirtschaftliche Modelle simulieren, wie sektorale Produktivitätsänderungen über geänderte Preise in den jeweiligen Sektoren zu einer Verschiebung von Arbeitskräften, Kapital und Vorleistungen aus anderen Sektoren und damit zu sektoralen und aggregierten Produktivitätszuwächsen führen können. So können zusätzlich potenzielle negative Gleichgewichtseffekte, wie die Baumol’sche Kostenkrankheit, aber auch positive (sektorale) Spillover-Effekte abgebildet werden. Die Baumol’sche Kostenkrankheit beschreibt ein Phänomen, bei dem höhere Produktivität in wenigen Branchen dazu führt, dass sich der Anteil der (unproduktiveren) Dienstleistungen und Industriebranchen am Konsum erhöht. Dies schwächt wiederum die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätseffekte ab.

Berechnungen speziell für Deutschland haben IW Consult (2025), Bergeaud (2023) und die OECD (2024) durchgeführt, wobei in den letzten beiden Studien die erwarteten Effekte für Deutschland nahe der Hauptschätzung (Abbildung 1) liegen.

Wettbewerbspolitik, sektorübergreifender Einsatz und Anwendung durch KMU zentral, um Herausforderungen zu adressieren

Die Baumol’sche Kostenkrankheit kann die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätseffekte von KI entschieden reduzieren. In den OECD-Szenarien vermindert der „Baumol“-Effekt den Wachstumsbeitrag der KI um ca. 1/6 bis 1/3. Je größer die Produktivitätsunterschiede zwischen den Sektoren, desto größer der „Baumol“-Effekt. Daher können sich positive Produktivitätseffekte insbesondere dann ergeben, wenn KI sektorübergreifend Anwendung findet, mittel- bis langfristig auch Robotik einbezogen und zudem vermehrt in kleinen und mittleren Unternehmen eingesetzt wird. Die breite Anwendung von KI erfordert zudem Investitionen in digitale Infrastrukturen, bereits vorhandene Technologien (z. B. Cloud-ComputingOECD, 2024) und eine entsprechende Qualifikation der Arbeitskräfte. So können potenzielle Jobverluste durch KI reduziert und die Komplementarität der KI am Arbeitsmarkt erhöht werden.

Für die Entwicklung wirtschaftlicher KI-Modelle gelten fünf Input-Faktoren als zentral (Infrastruktur, Rechenleistung, Daten, Kapital und Fachkräfte), diese sind aktuell aber in den Händen weniger Big-Tech-Unternehmen konzentriert (siehe hierzu Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Ausgabe April 2025). Durch diese Marktmachtkonzentration kann Künstliche Intelligenz (unbeabsichtigte) Kollusion ermöglichen und dadurch zu wachstumshemmenden Effekten wie Intransparenzen und Pfadabhängigkeiten führen. Eine kluge Wettbewerbspolitik und Regulatorik kann dem entgegenwirken, indem sie u. a. hohe Marktkonzentrationen auf KI-Märkten und Preisdiskriminierung durch KI verhindert sowie Anreize für die Etablierung von Open-Source-KIs setzt. Vor diesem Hintergrund sieht der Koalitionsvertrag 2025 eine Expertenkommission „Wettbewerb und KI“ beim Bundeswirtschaftsministerium vor.

Der Sicherstellung von ausreichend Wettbewerb kommt eine Rolle weit über die ökonomische Sphäre hinaus zu. Effektive wettbewerbliche Rahmenbedingungen können die Nutzung und gesellschaftliche Integration der KI an gesellschaftlichen Zielvorstellungen ausrichten sowie dabei helfen, potenzielle Risiken und Fehler in den KI-Modellen und Anwendungen zu identifizieren.

Ein zu hohes Maß an Regulierung bzw. deren Zunahme scheint im Ländervergleich tendenziell negativ mit dem Wachstum digitaler Märkte korreliert zu sein. Japan zeigt jedoch, dass striktere Regulierung und Wachstum digitaler Märkte auch einhergehen können (IW Consult, 2025) und es auf die konkrete Ausgestaltung der Regulatorik ankommt.

1 Die Studien und auch dieser Artikel untersuchen maßgeblich Effekte aktuell verfügbarer, sogenannter schwacher KI, die auf spezifische Aufgaben oder Problemlösungen beschränkt ist. Eine starke KI würde mit einer der menschlichen vergleichbaren Intelligenz und der Eigenschaft der Selbsterkenntnis einhergehen.

(Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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