Hans Christian Oersted gelang es 1825, durch Reduktion zum ersten Mal metallisches Aluminium zu gewinnen. Frederick Wöhler verbesserte die Methode zwischen 1827 und 1845 und schließlich gelang Henri Saint-Claire Deville die Reduktion von Aluminium in etwas größeren Mengen, indem er metallisches Natrium verwendete. Das erzeugte Aluminium war aber teurer als Silber, sodass Napoleon III. bei Staatsbanketten das Essen auf Aluminiumtellern servieren ließ. Ganz besonderen Gästen wurde das Essen allerdings weiter auf goldenen und silbernen Tellern serviert.
Erst durch die 1876 von Heroult in Frankreich und Hall in den USA unabhängig voneinander, mit nur wenigen Tagen Unterschied, entwickelte Schmelzflußelektrolyse wurde eine Produktion von Aluminium in großen Mengen möglich. Bei diesem Verfahren wird reine Tonerde (Al2O3) in flüssigem Kryolith gelöst. Nach Anlegen einer elektrischen Spannung scheiden sich die Aluminiumionen ab. Die Anwendung des Elekrolyseverfahren wurde aber erst durch das von Bayer 1846 entwickelte Verfahren für den Bauxitaufschluss möglich, das die Voraussetzung für die Herstellung von Tonerde im industriellen Maßstab bildete.
Seit Beginn stieg die Produktion unaufhaltsam an (Bild 1.1). So betrug die Weltproduktion von Primäraluminium im Jahr 2019 fast 60 Mio. t und eine weitere Steigerung wird prognostiziert.

Bild 1.1: Aluminium-Produktion seit Beginn der industriellen Fertigung; die Kurve zeigt den Trend nach oben.
Bild 1.1: Aluminium-Produktion seit Beginn der industriellen Fertigung; die Kurve zeigt den Trend nach oben.
Dieser Erfolg ist auf die besonderen Eigenschaften zurückzuführen. Aluminium ist leicht, besitzt aber eine gute Festigkeit und kann so auch für belastete Bauteile verwendet werden. Es kann sehr gut kalt und warm verformt werden und lässt so die Herstellung von komplexen Formen und Bauteile durch Kalt- und Warmverformen und durch Gießen zu. Durch Legieren mit anderen Metallen können die positiven Eigenschaften noch wesentlich verbessert werden.
Auch eine andere Eigenschaft erweist sich als sehr vorteilhaft: Aluminium ist gut beständig gegen viele Chemikalien und oxidiert nicht. An der Werkstoffoberfläche findet zwar eine sehr schnelle Oxidation statt, die entstandene dünne Oxidschicht schließt jedoch jedes weitere Fortschreiten der Oxidation wirkungsvoll ab. Aluminium korrodiert und verwittert daher nicht. Bei flüssigem Metall schließt die Oxidschicht ebenfalls die Oberfläche, sodass ebenfalls ein wirkungsvoller Schutz entsteht. Durch gezielte Oxidation, die sogenannte „anodische Oxidation“, kann die Oberfläche von Aluminium fast jeden gewünschten Farbton erhalten.
Aber die wichtigste Eigenschaft ist die, dass sich Aluminium beim Einschmelzen nicht verändert. Metallische Struktur sowie chemische und physikalische Eigenschaften bleiben erhalten.
Dadurch ist es möglich, dass Aluminium nach einem ersten Leben einem zweiten und dritten Leben zugeführt werden kann. Wie vom Aluminiumverband (GDA) dargestellt, werden die weitaus meisten Aluminiumprodukte im Laufe ihres Lebens nicht verbraucht, sondern lediglich gebraucht, mit der Möglichkeit, ohne Verlust ihrer wesentlichen Eigenschaften rezykliert zu werden. Demzufolge ist der Lebenszyklus eines Aluminiumprodukts nicht der traditionelle
„cradle-to-grave“, sondern eine erneuerbare „cradle-to-cradle“-Sequenz. Diese Eigenschaft und die damit verbundene Möglichkeit zu Recycling haben dazu geführt, dass heute rund 75 % der nahezu 1 Mrd. t Aluminium, die bis heute produziert wurden, immer noch verwendet werden; einiges davon hat dabei zahlreiche Zyklen der Wiederaufbereitung durchlaufen.
Infolge seiner vorzüglichen Eigenschaften wird Aluminium bei vielen Anwendungen eingesetzt. Angefangen bei der Verkehrstechnik im Fahrzeugbau bietet das geringe, spezifische Gewicht Möglichkeiten für Energieeinsparungen bei der Fahrzeugausstattung und ebenso bei tragenden Bauteilen wie beispielsweise dem Fahrzeugrahmen. Durch den Trend zu Elektroautos entfallen zwar Motorblock und Getriebegehäuse, andere Bauteile fordern aber die Verwendung von Aluminium, um Gewicht zu sparen. Bei Nahverkehrszügen und auch bei Fernzügen ermöglicht die Verwendung von Aluminium rasche Beschleunigung und Verzögerung, um kurze Taktzeiten der Züge zu realisieren (Bild 1.2). Flugzeugbau und Raumfahrt wären ohne Aluminium kaum möglich. Auch im Maschinenbau wird Aluminium gerne eingesetzt, da es sich ausgezeichnet zerspanen lässt und die Herstellung von dünnwandigen Gussteilen erlaubt.

Bild 1.2: Schnellverkehrs ICE; ohne den Einsatz von Aluminium wären die geforderten Beschleunigungen kaum denkbar; durch das reduzierte Gewicht ergibt sich ein geringerer Rollwiderstand und damit auch ein reduzierter Energieverbrauch.
Bild 1.2: Schnellverkehrs ICE; ohne den Einsatz von Aluminium wären die geforderten Beschleunigungen kaum denkbar; durch das reduzierte Gewicht ergibt sich ein geringerer Rollwiderstand und damit auch ein reduzierter Energieverbrauch.
Das geringe Gewicht bei hoher Festigkeit spielt auch dann eine Rolle, wenn Massekräfte auftreten. Auch in der Bauindustrie und bei Verpackungen ist Aluminium kaum entbehrlich. Bei allen Anwendungen ist es vorteilhaft, dass Aluminium keinen besonderen Korrosionsschutz erfordert und eine dekorative Gestaltung der Oberfläche leicht möglich ist. Den Gebrauch von Aluminium in den unterschiedlichen Industriebereichen zeigt Bild 1.4.
So ist Aluminium heute überall gegenwärtig und aus dem Leben nicht mehr weg zu denken. Laut GDA beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch an Aluminium in Westeuropa 28 kg, gemessen an den Produktionszahlen, da ja schon definiert wurde, dass Aluminium nicht verbraucht, sondern gebraucht wird. Natürlich geht auch ein Anteil des eingesetzten Aluminiums bei Produktion, Gebrauch und Recycling verloren. So tritt beim Schmelzen immer ein Abbrand, also eine Oxidation zu Al2O3 auf. Auch Anwendungen in anderen Prozessen, wie beispielsweise der Einsatz als Desoxidationsmittel bei der Stahlproduktion oder bei der Verwendung in Kosmetikprodukten, führen zu Verlusten. Auch dürften das in der Weltraumfahrt eingesetzte Aluminium oder die Verwendung bei besonders dünn beschichteten Folien, für die es keinen Reyclingverfahren gibt, für immer verloren sein, wenn auch mit einem relativ geringen Anteil. Bei den Recyclingverfahren verbleibt ein gewisser Prozentsatz, der nicht wiedergewonnen werden kann, im Rohmaterial, also dem Aluminiumschrott. Insgesamt geht also ein Anteil von 2-4 % des Rücklaufmaterials verloren.

Bild 1.3: Produktion von Aluminium weltweit; parallel zu dem Wachstum bei der Produktion von Primäraluminium steigt auch die Verarbeitung von Rücklaufaluminium; infolge der entsprechenden Lebensdauer der Bauteile erfolgt der Rückfluss in den Kreislauf zeitversetzt.
Bild 1.3: Produktion von Aluminium weltweit; parallel zu dem Wachstum bei der Produktion von Primäraluminium steigt auch die Verarbeitung von Rücklaufaluminium; infolge der entsprechenden Lebensdauer der Bauteile erfolgt der Rückfluss in den Kreislauf zeitversetzt.
Die Produktion von rezykliertem Aluminium verläuft parallel zu der Produktion von Primäraluminium (Bild 1.3). Weltweit wird der Bedarf zu ca. einem Drittel durch Sekundäraluminium gedeckt. Hochwertige Legierungen gehen zum größten Teil an die Automobilindustrie. Es wäre wünschenswert, den Anteil an rezykliertem Aluminium am Aluminiumverbrauch zu erhöhen. Leider ist jedoch das Aufkommen an Aluminiumschrott begrenzt. Der Verbrauch steigt zwar stetig, aber der Rücklauf tritt nur zeitverzögert auf.

Bild 1.4: Einsatz von Aluminium in den verschiedenen Industriebereichen; die Grafik zeigt den hohen Anteil, der im Transportwesen eingesetzt wird; daraus folgt ein beachtlicher Einfluss durch die Produktion der Automobilindustrie auf die Sekundär-Aluminiumproduktion.
Bild 1.4: Einsatz von Aluminium in den verschiedenen Industriebereichen; die Grafik zeigt den hohen Anteil, der im Transportwesen eingesetzt wird; daraus folgt ein beachtlicher Einfluss durch die Produktion der Automobilindustrie auf die Sekundär-Aluminiumproduktion.
Dadurch ist Aluminiumschrott immer knapp und die Rohmaterialbeschaffung stellt für die Sekundäraluminiumhütten immer eine neue Herausforderung dar.
Beim Aluminumrecycling werden nicht nur wertvolle Rohstoffe mehrfach verwendet. Aufarbeiten reduziert ebenfalls den Energieaufwand, der bei der Gewinnung von Primärmetall anfällt, erheblich. So werden für die Produktion von Primäraluminium für Tonerdefabrik und Elektrolyse ca. 170.000 MJ/t benötigt, für die Herstellung von Sekundäraluminium jedoch nur ca. 12.000 MJ/t (3,4 MW/t). Damit beträgt der Energieaufwand für die Herstellung von Sekundäraluminium nur noch rund 7 % des Aufwandes, der für die Herstellung von Primäraluminium erforderlich ist.
Eine genaue Betrachtung über Energieverbrauch und CO2-Emission erfolgt in den Kapiteln „Aluminium und Energie“ und „Aluminium und CO2“.
Auch fallen sowohl bei der Primäraluminiumverhüttung als auch beim Recycling, Abfallstoffe an, die auf einer Deponie gesammelt werden müssen.
Trotzdem ist es durchaus berechtigt, im Zusammenhang mit der Aluminiumindustrie von einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu sprechen, insbesondere wenn die hohen Recyclingraten betrachtet werden.
Damit ist eine zeitliche Verzögerung zwischen Primärproduktion und Rücklauf zu berücksichtigen, da das Aluminium erst nach seiner Nutzungszeit in den Kreislauf eingefügt wird.









