10. Dezember 2023 | In Japan wurde der experimentelle Kernfusionsreaktor JT-60SA eingeweiht. Der Reaktor, auch Tokamak genannt, ist das Ergebnis der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Japan zur Weiterentwicklung der Kernfusion.
Ziel der Anlage ist es, die Machbarkeit der Kernfusion als sichere, groß angelegte und kohlenstofffreie Energiequelle zu untersuchen. Im Gegensatz zur Spaltung, der derzeit in Kernkraftwerken verwendeten Technik, verschmilzt die Fusion zwei Atomkerne, anstatt einen zu spalten. Im Vergleich zur Kernspaltung birgt die Fusion kein Risiko für katastrophale Atomunfälle wie den in Fukushima im Jahr 2011 und produziert nach Angaben ihrer Befürworter weit weniger radioaktiven Abfall als aktuelle Kraftwerke.
„Der Reaktor ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen mehr als 500 Wissenschaftlern und Ingenieuren und mehr als 70 Unternehmen in ganz Europa und Japan“, sagte Sam Davis, stellvertretender Projektleiter für die Anlage, bei der Eröffnung. „Er wird uns der Fusionsenergie näher bringen.“
Potenzial der Fusionsenergie
Obwohl sich die Technologie noch in den Anfängen befindet, betrachten ihre Befürworter sie als Antwort auf den zukünftigen Energiebedarf der Menschheit.
Die Kernfusion habe das Potenzial, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts eine Schlüsselkomponente für den Energiemix zu werden, erklärte EU-Kommissarin Kadri Simson, die den Reaktor gemeinsam mit dem japanischen Kultus- und Wissenschaftsminister Masahito Moriyama einweihte.
JT-60SA soll der wissenschaftlichen Gemeinschaft die Möglichkeit bieten, weiteres Fachwissen aufzubauen und Plasma-Operationen durchzuführen. Alle neuen Erkenntnisse werden direkt in ITER einfließen, das größte internationale Fusionsexperiment, das sich derzeit in Südfrankreich im Bau befindet. Forscher am ITER, der mit Budgetüberschreitungen, Verzögerungen und technischen Problemen zu kämpfen hat, hoffen darauf, das Hauptziel der Kernfusionstechnologie zu erreichen: die Nettoenergiegewinnung.
Umweltschützer kritisieren die Kernfusion als ineffizient, aufwendig und teuer. Sie sei noch Jahrzehnte von der Marktreife entfernt, daher sollte der Fokus auf erneuerbaren Energien wie Solarenergie für die Energiewende liegen.
Europäisch-japanisches Gemeinschaftsprojekt
Die Gesamtkosten des Projekts für die Bauphase (2007-2020) werden auf 560 Millionen Euro geschätzt. Dieser Betrag wird von Europa und Japan gemeinsam getragen. 80 Prozent des europäischen Beitrags wurden von verschiedenen freiwillig beteiligten Organisationen wie dem Karlsruher Institut für Technologie und EUROfusion, einem europäischen Konsortium aus 31 Laboratorien im Bereich der Kernfusion, geschultert; die restlichen 20 Prozent wurden über das EU-Institut Fusion for Energy (F4E) direkt aus dem EU-Haushalt finanziert.
Seit der Betriebsphase ab 2020 hat die Europäische Union zudem bisher etwa 75 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt bereitgestellt.
Fusion for Energy (F4E), mit Sitz in Barcelona, Spanien, ist ein gemeinsames Unternehmen der Europäischen Union zum Kernfusionsforschungsprojekt ITER. Im Rahmen des „Broader Approach“-Abkommens mit Japan unterstützt das F4E Forschungs- und Entwicklungsinitiativen und bereitet den Bau von Fusionsreaktoren zu Demonstrationszwecken vor.